Die neuen Maßnahmen sind aus Sicht des Landeselternausschusses Schule sehr widersprüchlich. Die häuslichen Kontakte werden auf eine Person reduziert. In den Schulen dürfen sich aber Schüler*innen aus bis zu 16 Haushalten mit ihren Lehrkräften in Unterrichtsräumen treffen. Eltern dürfen im Job mit einer beliebigen Anzahl von Kolleg*innen zusammenkommen, weil an Arbeitgeber*innen nur ein Appell zur Umsetzung von Homeoffice erging.
Die momentan zweitgrößte Altersgruppe der von Corona-Betroffenen darf, nach den aktuellen Verlautbarungen der Senatsbildungsverwaltung, größtenteils und quer durch die Stadt fahrend, kommende Woche in Teilgruppen, und sich immer neu mischenden Kursen in der gymnasialen Oberstufe, wieder in den Unterricht. Die jüngeren und weniger betroffenen Kinder, die zu Fuß zur Schule gelangen, müssen bis zum 18. Januar warten, obwohl die Erstwissensvermittlung für schulisch angeleitetes Lernen hier am schwersten umzusetzen ist.
Eltern mit Kindern in unterschiedlichen Klassen, z. B. 1. und 4. Klasse erfahren keine zeitnahe Entlastung und sind weiter daran gebunden zu Hause zu betreuen und Lernbegleiter*in zu sein. Arbeiten sie zudem in systemrelevanten Berufen, dürfen sie das in den allermeisten Fällen nach Feierabend erledigen. Familien werden vielfach vor nahezu unlösbare, organisatorische Probleme gestellt. Was soll in den 4. bis 6. Klassen in halbierter Klassenstärke, eine Woche vor den Winterferien, nach Notenschluss noch passieren?
An den weiterführenden Schulen sollen die Lehrkräfte die Klassen 9 bis 13 (ohne 11) an Integrierten Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen bzw. Klassen 10 bis 12 an Gymnasien in Präsenz- und Fernunterricht und die übrigen Klassen im ausschließlichen Fernunterricht versorgen. Geht das, auch bei erfreulicherweise zunehmendem Unterricht per Videokonferenz? Wäre hier eine Reduzierung auf die Kernfächer nicht hilfreich? Würde der Verzicht auf die BBR-, eBBR- und MSA-Prüfungen, wie im letzten Schuljahr, die Schulen nicht entlasten?
Die Interessenlage der Eltern, basierend auf persönlichen Bedürfnissen und individuellen Erfahrungen in den Familien und den Möglichkeiten und der Umsetzung der Schulen im schulisch angeleiteten Lernen zu Hause mit den eigenen Kindern, sind sehr unterschiedlich. Die Bandbreite der Forderungen reicht von der Fortführung des schulisch angeleiteten Lernens zu Hause bis zur sofortigen Öffnung der Schulen. Der jetzige Stufenplan geht an der Lebensrealität vieler Familien vorbei.
Unser Beschluss vom 30.12.2020 war nicht unumstritten. Aber wir haben den Infektionsschutz an die erste Stelle unseres Beschlusses gesetzt. Zitat:
„Der Landeselternausschuss Schule spricht sich dringend dafür aus, den Infektionsschutz zu priorisieren und Regelunterricht erst wieder vollständig zu ermöglichen, sobald dies hinsichtlich der Infektionszahlen vertretbar ist.“
In Zeiten in denen u.a. Onkologie- und Neonatologie-Stationen ihren Betrieb zugunsten von Intensivstationen für Covid-19-Patienten einschränken und z. B. Frühgeborene nach Hause schicken, fragen wir den Senat, warum Schule geöffnet werden.
Kinder brauchen Kontinuität, Stabilität und Zuverlässigkeit und besitzen ein verbrieftes Recht auf Bildung und Gesundheit.
Covid-19 wird auch auf Grund der aktuell nicht geplanten Impfungen von unter 18jährigen ein längerfristiges Thema an den Schulen bleiben. Berliner Eltern brauchen dringend eine für ihre Familien belastbare Strategie bis zum Schuljahresende. Dazu gehört auch der Aufbau verläßlicher digitaler und datenschutzkonformer Lernstrukturen. Die gibt es auch im 10. Monat nach Beginn des ersten Lockdown nicht.