Mitte März hat Berlin die Schulen geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt lag die Zahl der täglichen Neuinfektionen bei 45. Ende Juli lag sie bei 82 und Berlin kehrt nun zum sogenannten Regelbetrieb zurück. Mittlerweile wissen wir, was uns schützt: Abstand und Mund-Nasenschutz. Beides wird es im Regelbetrieb der Schulen während der Zeiten, in denen die Schüler*innen am längsten zusammensitzen, also im Unterricht, nicht geben. Ist das ein vertretbares Risiko? Eltern sind sich uneins in dieser Frage. Dass Eltern seit der Corona-Krise zu Entscheidungen des Senates und der Senatsbildungsverwaltung häufig unterschiedlicher Meinung sind, liegt sicherlich auch in der Verunsicherung zu Studien, die zu teils gegensätzlichen Ergebnissen kommen, aber auch an Informationen zu den unterschiedlichen Spätfolgen einer überstandenen Erkrankung. Auch Schüler*innen haben wie Lehrkräfte ein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Noch wissen wir nicht, ob es unter den derzeitigen Bedingungen gewahrt werden kann. Das mulmige Gefühl eines großen Experiments mit unbekanntem Ausgang bleibt.

Wenige Tage vor Schulstart ist nicht klar, wie und ob die Empfehlungen der Senatsbildungsverwaltung umgesetzt werden können. Es fehlen Verpflichtungen und Rahmenbedingungen in allen Bereichen. Es ist äußerst bedauerlich, dass die Ferien nicht intensiver zur Vorbereitung genutzt wurden und Eltern ihre Kinder mit einem mehr als unbehaglichen Gefühl zur Schule schicken müssen. Auch wir als Gremium wurden nicht in die Planungen einbezogen.

Aerosole spielen bei der Übertragung laut Wissenschaft eine wichtige Rolle. Es bleibt zu hoffen, dass die Schulen alle baulichen Mängel im Zusammenhang mit dem notwendigen Lüften bei den Schulämtern angezeigt haben und diese in den letzten sechs Wochen behoben wurden. Andernfalls sollten Räume, in denen nicht angemessen gelüftet werden kann, nicht für den Unterricht genutzt werden. Fraglich ist angesichts der Aerosol-Verbreitung, ob offene Fenster und Türen nicht auch dazu führen können, dass sich die Aerosole über Flure auch in andere Klassenzimmer verbreiten. Damit wäre der Sinn der Kohorten hinfällig. Hier hoffen wir auf Erkenntnisse aus den angedachten Fachgesprächen mit Expert*innen aus dem Gesundheitswesen.

Eine Kohorten-Bildung im Kurssystem der gymnasialen Oberstufe (SEK II) wird nicht durchführbar sein. Hier ist fraglich, wie die Unterbrechung der Infektionsketten funktionieren soll.

Lehrkräftebedarf
Unklar bleibt im Hinblick auf die vorgestellten Zahlen, ob es nun gelungen ist bzw. gelingen wird, bedarfsgerecht einzustellen. Die Zahlen der notwendigen Vollzeitstellen und der erfolgten Einstellungen sind nur bedingt aussagekräftig. Sind alle Einstellungen in Vollzeit erfolgt? Wie erfolgt neben der Verteilung auf die Schulformen die Verteilung auf die Bezirke und Schulformen? Hier braucht es mehr Transparenz durch die Senatsbildungsverwaltung! Die ersten kleinen Anfragen dazu werden sicherlich folgen.

Wann kommt die zusätzlichen Studierenden aus den Unis in den Schulen an, deren Studienplätze in den letzten Jahren zusätzlich geschaffen wurden?

Der Aufbau eines Pools wird unsererseits sehr begrüßt. Aber nicht nur mathematisch bleibt die Frage, wie 100 geplante Vollzeitstellen, die für den Pool geplant sind, durch die von der Senatsbildungsverwaltungen geschätzten 7% der coronabedingt fehlenden Lehrkräfte kompensieren sollen. Hierzu verweisen wir auf den ersten Punkt unseres Aufgabenzettels.

Aufgabenzettel
In Auswertung der Erkenntnisse des letzten Schuljahres legen wir der Senatsbildungsverwaltung einen Aufgabenzettel mit den aus unserer Sicht wichtigen Punkte vor, zu denen wir noch keine Informationen zur Umsetzung haben:

Leistungsbewertung
Weiterhin unklar ist, wie die Bewertung aus dem 2. Kurshalbjahr des Schuljahres 2019/20 in die Gesamtbewertung in das Abitur 2021 einfließen wird. Wir verweisen hierbei auf unseren Beschluss vom 19.6.2020 (https://leaberlin.de/images/beschluesse/2020-06-19_Chancengerechtigkeit_f%C3%BCr_die_Sch%C3%BClerInnen_der_Qualifikationsphase.pdf), der immer noch unbeantwortet ist.

Werbung um Studierende aus dem Lehramt
Die Lehrkräfte sollen Lernausgangslagen feststellen, um die Lücken, die durch Schulschließung und reduzierten Unterricht entstanden, sind zu identifizieren. Das Schließen der Lücken soll noch über individuelle Förderung hinaus erfolgen, so wie es diese bisher schon gibt. Ob das aus dem Stundendeputat der Lehrkräfte leistbar ist, bleibt fraglich. Studierende könnten Kleingruppen übernehmen und bekommen neben Geld auch eine Anrechnung auf Praxissemester. Eine Win-Win-Situation für alle Seiten.

“Lehrausgangslage” für Lehrkräfte zum Thema „Digitaler Unterricht bzw. schulisch angeleitetes Lernen zu Hause“
Lehrkräfte müssen sich dem Thema stellen. Die Ausgangslage ist sicherlich sehr individuell. Um die passende Fortbildung zu finden, sollen Lehrkräfte ihren Wissensstand ermitteln können. Dafür gibt es bereits Anbieter, mit denen die Senatsbildungsverwaltung zusammenarbeiten kann. Entsprechende Hinweise haben wir gegeben. Die so ermittelte Fortbildung soll verpflichtend in Anspruch genommen werden. Priorität sollen hier die Lehrkräfte haben, die auf Grund der Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe die Schüler*innen von zu Hause betreuen. Es gilt hier ebenfalls, digitale Endgeräte zu stellen.

Dienstmail für Lehrkräfte
Die Senatsbildungsverwaltung muss dafür Sorge tragen, dass alle Lehrkräfte per E-Mail erreichbar sind, damit der Kontakt zu den Schüler*innen gewährleistet wird.

Digitale Endgeräte für Lehrkräfte
Während bei der Frage Endgeräte für die Hand der Schüler*innen durch die Bundesratsinitiative und erste Gerichtsurteile Bewegung gekommen ist, muss das Thema auch für die Lehrkräfte geklärt werden. Lehrkräften ohne geeigneten Computer im Homeoffice ist ein Gerät durch den Dienstherren zu stellen.

Lernraum Berlin / Digitale Lerninhalte
Der Lernraum Berlin hat sich in der Krise als Plattform bewährt. Hier gilt es weiter zu professionalisieren. Es müssen Vollzeitstellen geschaffen werden, deren Aufgaben u. a. sein müssen:
• Auffindung, Weiterentwicklung und Zugänglichkeit der besten Kursen
• Aufbau eines Best-Practice-Portals für digitale Lerninhalte
• Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit

Lehrkräfte die bei der Erstellung eigener Kurse sehr gute Leistungen erbracht haben bzw. erbringen werden, die auch von anderen genutzt werden können, sollen als Benefit Gutschriften auf ihr Lebensarbeitszeitkonto erhalten.

Durchführung von Elternabenden und Gremiensitzungen
Über die Rahmenbedingungen, unter denen Präsenzsitzungen stattfinden können, gibt es noch keine Informationen. Mit Abstand und Mund-Nasen-Schutz sind entsprechend große Räume notwendig, was die Organisation in der vorgeschriebenen Frist zur Durchführung der Elternabende erschwert. Hier braucht es schnellstens entsprechende Hinweise an die Schulen und Gremien.

Ventilatoren
Für den optimalen Luftaustausch sind laut Prof. Drosten Ventilatoren sinnvoll, die die Luft aus dem Raum befördern. Es ist zu prüfen, ob diese Maßnahme die Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen der Schulen unterstützen kann.

Vorstellung der schulischen Konzepte zu Corona und Plan B
Wir fordern die Schulen auf, ihre Konzepte für den Plan B, die Hygienepläne, Gefährdungsbeurteilungen und weitere Maßnahmen den Gremien und Eltern bekannt zu machen, wie im Handlungsrahmen für das Schuljahr 2020/2021 auch dargelegt.