24.11.2010
 

Bei seiner Transparenzoffensive für die Berliner Schulen wird Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) die meiste Überzeugungsarbeit leisten müssen. Vor allem die Veröffentlichungspflicht für die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten stößt auf Kritik, weniger umstritten ist dies bei den Schulinspektionen. „Transparenz ist wichtig“, sagt Landeselternsprecher Günter Peiritsch, der Zöllners Qualitätspaket insgesamt als „richtigen Weg“ bezeichnet. Allerdings sieht er die Schulverwaltung in der Pflicht, bei der Veröffentlichung einen Weg zu wählen, der nicht nur Defizite benennt, sondern auch aufzeigt, was die Schule aktiv zur Verbesserung der Situation unternimmt.

 

FDP-Bildungsexpertin Mieke Senftleben erkennt bei Zöllners Vorschlägen durchaus Punkte, denen sie zustimmen kann, beispielsweise bei der Veröffentlichung der Schulinspektionen. Die Ergebnisse von Vergleichsarbeiten will sie aber erst mittelfristig veröffentlichen, zunächst sei es wichtiger, schwächeren Schülern Hilfestellungen zu geben. Senftleben kritisiert vor allem, dass der Senator vier Jahre gebraucht habe, dieses Paket zu erarbeiten, um es jetzt ein Jahr vor der Wahl vorzustellen. Zöllner habe in den vergangenen Jahren keinen Dialog mit den Schulen gesucht und wolle die Maßnahmen jetzt von oben herab verordnen.

 

Qualitätsbeauftragte: Ruby Mattig-Krone
„Gut gemeint ist nicht gut gemacht“, sagt Özcan Mutlu von den Bündnisgrünen, der allerdings ebenfalls Ansätze zur Qualitätsverbesserung in den Schulen sieht. Er vermisst vor allem eine Festlegung, wie die Maßnahmen konkret aussehen und wie sie finanziert werden können. Zu unpräzise ist ihm ebenfalls, wie Zöllner ungeeignete Schulleiter aus den Schulen entfernen möchte. Zweifel äußert Mutlu an der Veröffentlichung der Vergleichsarbeiten. Wie damit ein Ranking ausgeschlossen werden solle, sei völlig unklar. Dieser Punkt stößt auch bei seinem Kollegen von der CDU, Sascha Steuer, auf die größte Kritik: Zöllner wolle die schwächeren Schulen „bloßstellen“, statt ihnen zu helfen. Selbst Steffen Zillich vom Koalitionspartner Linke hat in diesem Punkt Bedenken.

 

Der Grundschulverband lehnt „ein medienwirksames Veröffentlichen von Ergebnissen“ ab, da viele Punkte, die zu einem erfolgreichen Gelingen gehören, nicht in der Verantwortung der einzelnen Schule liegen. Insgesamt zeigte sich der Verband von Zöllners Vorschlägen enttäuscht und sprach von einem „eingeschränkten Qualitätsbegriff“. Demgegenüber sieht Paul Schuknecht vom GEW-Schulleiterverband viele Ansätze, die in die richtige Richtung weisen. Klärungsbedarf sieht er in der Frage, wie die Schulen mit den Vertretungsmitteln umgehen dürfen und mehr Eigenständigkeit bei Fortbildungen erhalten können. In diesem Punkt gehe es nicht nur um fachliche Belange.

 

http://www.tagesspiegel.de/berlin/schule/zoellners-qualitaetsoffensive-stoesst-auf-geteiltes-echo/3267644.html

 


24.11.2010 18:28 Uhr
Von Susanne Vieth-Entus

 

Paketkontrolle Sind die Vorschläge umsetzbar?
Der Bildungssenator hat viele Vorschläge gemacht – aber sind sie auch umsetzbar?

 

Mit einer Fülle von Vorschlägen will der Bildungssenator die Schulen verbessern. Im Folgenden werden einige Punkte genannt und nach ihrer Umsetzbarkeit untersucht.

 

OFFENE INSPEKTIONSBERICHTE

 

Alle fünf Jahre werden Berlins Schulen inspiziert. Bisher konnten sie selbst entscheiden, ob sie die Ergebnisse veröffentlichen. Das soll sich vom kommenden Schuljahr an ändern. Die neue Veröffentlichungspflicht gilt allerdings nicht rückwirkend, sondern nur für die künftigen Inspektionen. Schulen wenden gegen die Veröffentlichung beispielsweise ein, dass die Inspekteure zu kurz im Unterricht seien, um sich ein objektives Bild von der Qualität machen zu können.

 

VERÖFFENTLICHTE LEISTUNGSDATEN

 

Die Ergebnisse des Abiturs, des Mittleren Schulabschlusses und der Vergleichsarbeiten sollen künftig auf den Internetseiten der Schulen oder in den Schulporträts zu lesen sein. Schulen wenden dagegen sein, dass ein Numerus Clausus etwa nichts darüber aussagt, unter welchen sozialen Bedingungen die Schülerschaft aufwächst, welche Mühe die Schulen also haben, bestimmte Ergebnisse zu erzielen. Noch mehr Vorbehalte gibt es gegen die Veröffentlichung der Vergleichsarbeiten in Klasse 3 und 8. Hier wird insbesondere befürchtet, dass die Ergebnisse weniger von der Leistungsfähigkeit der Schüler abhängen als davon, wie stark die Lehrer auf den Test hinarbeiten („Teaching for the test“). Zudem wird befürchtet, dass manche Lehrer direkt vor oder während des Tests Tipps geben, um das Ergebnis zu verbessern. Gemutmaßt wird auch, dass Lehrer beim Eingeben der Ergebnisse mogeln könnten. Deshalb wird erwogen, externe Institute für die Aufgabe heranzuziehen.

 

BUSSGELD FÜRS SCHWÄNZEN

 

Zöllner schlägt vor, gegen Eltern ein Bußgeld von 50 bis 150 Euro zu verhängen, wenn ihre Kinder häufig unentschuldigt fehlen. Dies macht Neukölln schon länger. Allerdings erfordert dies einen hohen Verwaltungsaufwand in den Bezirken und zudem für die Lehrer, die genau Buch führen müssen.

 

FLEXIBLE PERSONALMITTEL

 

Wenn Schulen wenig Unterrichtsausfall haben, soll es ihnen ermöglicht werden, ihr gesamtes Personalkostenbudget (PKB), das für Vertretung gedacht ist, für Projekte auszugeben. Andersherum soll es Schulen untersagt werden, PKB-Mittel für andere Zwecke auszugeben, wenn bei ihnen viel Unterricht ausfällt. Dieser Ansatz gilt als einfach realisierbar.

 

FORTBILDUNGSZWANG FÜR LEHRER

 

Alle Lehrer sollen künftig verpflichtet werden, mindestens sechs Doppelstunden pro Jahr Fortbildungen zu besuchen. Dies wird allgemein befürwortet, allerdings mangelt es an ausreichenden guten Angeboten. Hier muss Zöllner erheblich nachbessern, um sein Ziel – einen qualitativ besseren Unterricht – auch wirklich zu erreichen.

 

ARBEIT AM GRUNDWORTSCHATZ

 

Alle Schulen sollen sicherstellen, dass ihre Schüler über einen bestimmten Grundwortschatz verfügen. Hierzu gab es bisher keine einheitlichen Vorgaben. Dagegen spricht nichts, allerdings müssten noch die passenden Lehrbücher erarbeitet werden.

 

BESSERE SCHULLEITER

 

Alle Lehrer, die eine Schule leiten wollen, müssen sich zunächst qualifizieren, um sich auf eine entsprechende Stelle bewerben zu können. Hierzu gibt es bereits entsprechende Angebote – etwa an der Universität Potsdam

 

 

http://www.tagesspiegel.de/berlin/sind-die-vorschlaege-umsetzbar/3275180.html;jsessionid=A1038481587DC79D7B092B777B1B3298